In vielen Betrieben sind die Arbeitszeiten im Arbeits- oder Tarifvertrag bzw. durch Anweisungen des Arbeitgebers klar geregelt. Auch bei Gleitzeitverträgen gilt für Arbeitnehmer häufig eine verbindliche Kernarbeitszeit. Halten sich Arbeitnehmer nicht an diese Arbeitszeiten, sondern kommen zu spät zur Arbeit, kann das nicht nur den Betriebsablauf stören, sondern auch zu einer Abmahnung und bei Wiederholung zur Kündigung führen.
Unsere Kanzlei steht einerseits Arbeitgebern zur Seite, die rechtssicher wegen Zuspätkommens abmahnen und kündigen wollen. Andererseits stehen wir auch Arbeitnehmern zur Seite, die sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen eine unzulässige Kündigung wehren möchten. Hier erläutern wir einige Eckpunkte zum Thema Abmahnung wegen Zuspätkommens:
Grundvoraussetzung für eine Abmahnung wegen Zuspätkommens ist, dass die Arbeitszeit und insbesondere der Arbeitsbeginn verbindlich geregelt ist. Steht dazu nichts im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag, kann der Arbeitgeber den Beginn der Arbeitszeit auch anordnen. Dies kann aber nur im Rahmen dessen erfolgen, was rechtlich zulässig und zumutbar ist. Hat der Arbeitnehmer beispielsweise gerade bis 22 Uhr abends gearbeitet, darf der Arbeitgeber den Arbeitsbeginn nicht auf 8 Uhr morgens festlegen. Dem Arbeitnehmer stehen nämlich zwischen den Arbeitstagen mindestens 11 Stunden ununterbrochene Ruhezeit am Stück zu.
Eine Abmahnung darf außerdem nicht unverhältnismäßig sein. Wenige Sekunden zu spät zu kommen reicht daher in der Regel nicht für eine Abmahnung aus. Auch 2 Minuten können teilweise noch mit unpräzisen Uhren erklärt werden. Kommt der Arbeitnehmer dagegen 5 oder 10 Minuten zu spät, braucht der Arbeitgeber das in der Regel nicht mehr tolerieren. Das gilt erst recht, wenn durch die Unpünktlichkeit ein Termin verpasst oder der Betriebsablauf erheblich gestört wird. Eine Abmahnung für eine einmalige Unpünktlichkeit kann allerdings ebenfalls unverhältnismäßig sein. Daher sollte die Abmahnung mindestens 2 zeitlich nahe zusammenliegende Fälle dokumentieren.
Dabei geht das Wegerisiko regelmäßig zu Lasten des Arbeitnehmers. Er hat folglich Staus im Berufsverkehr, vorhersehbar schlechtes Wetter und angekündigte Streiks im Nahverkehr einzuplanen. Wird der Arbeitnehmer dagegen auf dem Arbeitsweg in einen Unfall verwickelt, hat Erste Hilfe zu leisten oder wird durch unvorhergesehenes Extremwetter bzw. unangekündigte Streiks aufgehalten, kann der Arbeitgeber dafür keine Abmahnung aussprechen. Bezahlt wird der Arbeitnehmer für diese Zeiten aber auch nicht.
Normalerweise reicht es für eine verhaltensbedingte Kündigung aus, wenn der Arbeitnehmer ein abgemahntes Verhalten einmal wiederholt. Bei leichten Verspätungen oder geringem Verschulden von Seiten des Arbeitnehmers kann eine solche Kündigung allerdings unverhältnismäßig sein. Teilweise wird daher empfohlen, erst nach der dritten Abmahnung zu kündigen – sofern die Abmahnungen zeitlich nicht allzu weit auseinanderliegen. Spricht der Arbeitgeber mehrere Abmahnungen wegen Zuspätkommens aus, kann dieses Instrument allerdings seine Warnfunktion verlieren, sodass eine Kündigung ebenfalls unzulässig wird. Hier kann sich der Arbeitgeber in vielen Fällen damit helfen, dass er vor der Kündigung eine „letzte Mahnung“ ausspricht, wenn der Mitarbeiter zu spät kommt.
Eine fristlose Kündigung wegen Zuspätkommens ist nur in Extremfällen möglich. Ein Beispiel dafür wäre ein so starkes Zuspätkommen, dass es auch als Arbeitsverweigerung ausgelegt werden kann. Kommt der Mitarbeiter zu spät, dokumentiert aber einen regulären Arbeitsbeginn (beispielsweise, um eine Kündigung wegen Zuspätkommens zu vermeiden), stellt das einen Arbeitszeitbetrug dar, der ebenfalls für eine fristlose Kündigung ausreichen kann.